Selbst wenn Sie nicht regelmäßig zu McDonald‘s gehen, so haben Sie es wahrscheinlich doch mitbekommen: Seit einigen Monaten weist der amerikanische Fast-Food-Konzern in seiner Werbung verstärkt darauf hin, dass das Fleisch seiner Burger zu 100% vom Simmentaler Rind kommt. Ist das gut? Muss ja eigentlich, denn sonst würden die das ja nicht so betonen – oder?

 

Willkommen in der Wunderwelt der Werbung!

Tatsächlich ist es so, dass offensichtlich jemand in der Werbeagentur, die für McDonald‘s arbeitet, seine Hausaufgaben gemacht hat. Denn die Simmentaler-Rind-Kampagne ist eigentlich nur die Anwendung eines uralten Prinzips: Ein einzigartiger Verkaufsvorteil kann auch etwas sein, was die Konkurrenz ebenso hat, aber nicht kommuniziert. Diese Weisheit stammt von Werbelegende Rosser Reeves (unter anderem bekannt durch den Slogan „Schmilzt im Mund, nicht in der Hand“ für die bunten Schokolinsen von M&M). Letztlich geht es darum, dass auch etwas scheinbar Banales für die Werbung genutzt werden kann, solange es kein anderer tut.

 

Oh, wie schön ist es im Simmental!

Woran denken Sie, wenn Sie „Simmental“ hören? Vielleicht an grüne Wiesen, an ein malerisches Tal im Sonnenschein, an blühende Blumen, Tiere und fröhliche Kinder, die barfuß um Bäume tanzen –  die Mädchen mit bunten Schürzen, die Buben in karierten Hemden. Rinder, die aus dem wunderbaren Simmental kommen, müssen doch dann auch saftiges und gesundes Fleisch liefern! Und wenn Sie sich vielleicht die Mühe gemacht und recherchiert haben, wo das Simmental genau liegt, dann wissen Sie: in der Schweiz! Das passt ja dann auch ganz wunderbar in unsere Vorstellung von den grünen Wiesen im Sonnenschein, die schon von Gitti & Erika im Titelsong der Zeichentrickserie „Heidi“ besungen wurden.

 

In Wahrheit ist aber alles ganz anders…

Kommen wir jetzt zu den Fakten. Wenn Sie auf dem Land wohnen oder dort öfter unterwegs sind, dürften Ihnen insbesondere zwei Arten von Kühen auffallen: Einmal die Schwarzgefleckten – das sind die, die hauptsächlich für die Milchproduktion gehalten werden. Und dann noch die Braungefleckten – das sind die, von denen in Deutschland in der Regel das Rindfleisch kommt. Und diese Braungefleckten wurden Mitte des 19. Jahrhunderts aus der Schweiz nach Deutschland importiert. Man nennt sie „Fleckvieh“ oder – nach ihrem ursprünglichen Herkunftsort  – Simmentaler Rind!

 

Hut ab, McDonald’s – alles richtig gemacht!

Sie sehen also: McDonald’s macht das ziemlich clever: Der Konzern verwendet in Deutschland für seine Burger ganz normales, durchschnittliches Rindfleisch, wie Sie es an jeder Supermarkt-Fleischtheke bekommen. Ich kann es nicht beweisen, aber ich glaube fest, dass McDonald’s schon immer Simmentaler Rind verwendet hat, und genauso halten es wahrscheinlich auch Burger King und alle anderen großen Burger-Bratereien in unserem Land. Nur sind die halt nicht auf die Idee gekommen, das an die große Glocke zu hängen. Deshalb ziehe ich respektvoll meinen Hut vor den Verantwortlichen, und selbst der gute Rosser Reeves würde wahrscheinlich anerkennend nicken, wenn er noch leben würde.

 

Darauf ein isotonisches Getränk!

Mir fällt noch ein weiteres Beispiel ein für das Prinzip, das Banale als etwas Besonderes zu verkaufen. Zurzeit wird in meiner Gegend verstärkt für ein Mixgetränk aus alkoholfreiem Bier und Limonade geworben. Dort wird unter anderem als Produktvorteil hervorgehoben, dass das Gebräu „isotonisch“ sei. Das ist nicht neu, die Brauerei Erdinger macht das mit ihrer alkoholfreien Variante schon seit Jahren. Ein Grund mehr, mal zu untersuchen, was isotonisch genau bedeutet. Wikipedia sagt dazu:

 „Isotonische Getränke sind vornehmlich für Leistungssportler interessant, die zu ihrem Flüssigkeitsbedarf gleichzeitig einen erhöhten Bedarf an Energiezufuhr aus Lebensmitteln haben.  (..) Für Freizeitsportler ist der Konsum isotonischer Getränke zumeist nicht notwendig, da der Verlust an Mineralien und Kohlenhydraten überschaubar ist.“

Auch hier haben wir also wieder das Prinzip, dass eine Eigenschaft kommuniziert wird, die irgendwie wissenschaftlich und gesundheitsfördernd klingt, die aber de facto für 99% der Verbraucher völlig irrelevant ist.

 

Mein Tipp: Machen Sie es genauso!

Was McDonald’s und die Brauereien können, können Sie auch! Schauen Sie sich Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung genau an, schreiben Sie alle Eigenschaften, Vorteile und Schlagworte auf, die Ihnen einfallen –  egal, wie banal sie sind. Und überlegen Sie dann, wie Sie daraus einen scheinbaren einzigartigen Produktvorteil machen können, den Ihre Mitbewerber zwar auch haben, aber nicht kommunizieren. Das ist nicht ganz einfach und gelingt auch nicht in jedem Fall –  wenn Sie Hilfe dabei benötigen, freue ich mich, von Ihnen zu hören!

PS: Wenn Sie mehr zum Thema Kühe wissen möchten oder den Kalender „Hinterwälder – Die Kühe im Schwarzwald“ bestellen möchten, empfehle ich Ihnen die wunderbare Seite www.kuh-projekt.de/.

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